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NEUROLOGISCHES

CENTRALBLATT

ÜBERSICHT

DER

82376

LEISTUNGEN AUF DEM GEBIETE DER ANATOMIE,
PHYSIOLOGIE, PATHOLOGIE UND THERAPIE DES NERVEN-
SYSTEMS EINSCHLIESSLICH DER GEISTESKRANKHEITEN.

HERAUSGEGEBEN

VON

DR. E. MENDEL,

PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT BERLIN.

SIEBZEHNTER JAHRGANG.

MIT ZAHLREICHEN ABBILDUNGEN IM TEXT.

LEIPZIG,

VERLAG VON VEIT & COMP.

1898.

NEUROLOGISCHES CENTRALBLATT.

Uebersicht der Leistungen auf dem Gebiete der Anatomie, Physiologie, Pathologie und Therapie des Nervensystems einschliesslich der Geisteskrankheiten.

Siebzehnter

Herausgegeben von

Professor Dr. E. Mendel

zu Berlin.

Jahrgang.

Monatlich erscheinen zwei Nummern. Preis des Jahrganges 24 Mark. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen des In- und Auslandes, die Postanstalten des Deutschen Reichs, sowie direct von der Verlagsbuchhandlung.

1898.

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1. Original mittheilungen. 1. Das Verhalten der Spinalganglienzellen bei Tabes auf Grund Nissl's Färbung, von Doc. Dr. Karl Schaffer. 2. Ueber Zwangsvorstellungen, von E. Mendel. II. Referate. Anatomie. 1. Untersuchungen über den histologischen Bau der Ciliarnerven, von Hahn. Experimentelle Physiologie. 2. On the regeneration of preganglionic and of post-ganglionic visceral nerve fibres, by Langley. 3. Zur Physiologie der Harnblase, von Schlesinger. Pathologische Anatomie. 4. Ein Fall von meningealer Perlgeschwulst, von Nehrkorn. 5. Du crâne chez les aliénés, par Rey. 6. The effect of Ascending degeneration" on the nerve cells of the ganglia on the posterior nerve roots, and the anterior cornua of the cord, by Fleming. Pathologie des Nervensystems. 7. Ueber Fehlen der Pupillarreaction bei vorhandener Lichtempfindung, von Brixa. 8. The pathology of tabes dorsalis. A critical digest, by Spiller. 9. Note sur le retour de la sensibilité testiculaire dans le tabes, par Bitot et Sabrazès. 10. Beitrag zur Aetiologie und Symptomatologie der Tabes dorsalis, von Tumpowski. 11. Ueber periodisches Erbrechen bei Tabeskranken (gastrische Krisen), von Ostankow. 12. L'association hystero-tabétique, par Vires. 13. Anaesthesia of the trunk in locomotor ataxia, by Patrick. 14. Sensory disturbances in locomotor ataxia, by Bonar. 15. Les troubles du goût et de l'odorat dans le tabes, par Klippei. 16. L'élongation vraie de la moëlle dans le tabes, par de la Tourette et Chipault. 17. Tabes juvénile et tabes héréditaire, par Raymond. 18. Ueber den gegenwärtigen Stand der Behandlung der Tabes dorsalis, von Eulenburg. 19. Traitement de l'ataxie dans le tabes dorsalis par la rééducation des mouvements (méthode de Frenkel), par Hirschberg. 20. Zwei Fälle von Tabes dorsalis mit Sperminum-Poehl behandelt, von Werbitzky. 21. Chronische fortschreitende Augenmuskellähmung und progressive Paralyse, von Siemerling und Bödeker. 22. Note sur un cas de pachyméningite hémorrhagique prise pour une paralysie générale, par Boissier. 23. Ueber Pruritus als Symptom der progressiven Paralyse, von Sarbó. 24. Contribution à l'étude du réflexe pharyngien étudié chez les mêmes malades aux trois périodes de la paralysie générale, par de Montyel. 25. I. Sur la période terminale de la paralysie générale et sur la mort des paralytiques généraux, par Arnaud. II. Périodes terminales et mort dans les soidisant paralysies générales progressives, par Paris. 26. Un cas de maladie de Friedreich avec autopsie et examen histologique, par Simon. 27. Three cases of Friedreich's disease all presenting marked in crease of the knee-jerk, by Hodge. 28. Remarks on Friedreich's Ataxia, with notes of three cases, by Bramwell. Psychiatrie. 29. L'assistance et le classement des aliénés en Belgique, par Peeters. 30. Sur les hallucinations symboliques dans les psychoses et dans les rêves des sourdsmuets, par Sanjuau. 31. Ueber Zustände von Verwirrtheit und Aufregung oder Stupor im Beginne und Verlaufe der chronischen Paranoia, von Krause. 31. Acute manie, door van Erp Taalman Kip. 33. Traitement de la manie, par Magnan. - Therapie. 34. Ueber die Wirkungsweise des Pyramidon bei verschiedenen Krankheitszuständen, von Roth. 35. Lumbalpunction, Spinalpunction, von Goldscheider.

heiten.

III. Aus den Gesellschaften. Berliner Gesellschaft für Psychiatrie und Nervenkrank-
Schluss.) Verein für innere Medicin in Berlin. Psychiatrischer Verein zu

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Berlin. 28. Versammlung der südwestdeutschen Irrenärzte in Karlsruhe am 6. und 7. November 1897.

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I. Originalmittheilungen.

[Mittheilung aus dem histolog. Laboratorium der Nervenabtheilung des hauptstädt. Siechenhauses ,,Elisabeth" in Budapest.]

1. Das Verhalten der Spinalganglienzellen bei Tabes auf Grund Nissl's Färbung.

[Vorläufige Mittheilung.]

Von Doc. Dr. Karl Schaffer, Ordinarius der Abtheilung.

Die Frage über das Wesen der Pathogenese der Tabes erfuhr, wie bekannt, in den letzten Jahren durch die Untersuchungen von REDLICH1, OBERSTEINER und REDLICH2, sowie von J. NAGEOTTES eine erneuerte Bearbeitung, welche die frühere Anschauung über eine primäre degenerative Strangerkrankung als hinfällig erscheinen lässt, und die primäre Läsion bei der Tabes in die hinteren Wurzeln localisirt. Insbesondere war es P. MARIE1, welcher als Erster scharf betonte, dass gemäss der neuesten wissenschaftlichen Auffassung primäre Strangsclerosen, d. h. Strangaffectionen ohne vorausgegangene Zellerkrankung nicht existiren, da eine Strangerkrankung nur auf Grund der Läsion des respectiven Centrums entstehen kann. Somit richtete sich die Aufmerksamkeit auf die Ursprungsstätte der hinteren Wurzeln, d. h. auf die Spinalganglien, deren genaueren Untersuchung sich in erster Linie WOLLENBERG, hernach STROEBE unterzog. Die sehr gewissenhaften Untersuchungen von WOLLENBERG ergaben die Schrumpfung und auffallende Pigmentirung der Spinalganglienzellen, sowie die Trübung und Verfettung deren Protoplasma. STROEBE, der seine Präparate nach WEIGERT und mit VAN GIESON'S Hämatoxylin-Carmin färbte, fand an den Spinalganglienzellen Schrumpfung und Verkleinerung des Zellleibes, abnorm dichtes, hervorgewölbtes Protoplasma, hochgradige, als pathologisch anzusehende Pigmentirung des Protoplasma oft gerade in geschrumpften Zellen; Vacuolisirung und Zerklüftung des Protoplasma; am Kern eckigen, zackigen Contour, gelappte

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Die hinteren Wurzeln des Rückenmarks und die pathol. Anatomie der Tabes dors. Jahrb. f. Psych. 1892, sowie: Die Pathogenese der tabischen Rückenmarksentartung. 1897. G. Fischer, Jena.

2 Ueber Wesen und Pathologie der tabischen Hinterstrangserkrankung. Arbeit aus OBERSTEINER's Laboratorium. 1894.

3 Sur la lésion primitive du tabes. 1895. Paris. Steinheil édit.
Leçons sur les maladies de la moelle etc.

1892.

5 Untersuchungen über das Verhalten der Spinalganglien bei der Tabes dors. Archiv f. Psych. 1892.

• Ueber Veränderungen der Spinalganglien bei Tabes dors. Centralbl. f. allg. Pathol. u. pathol. Anatomie. 1894.

Kernform, abnorm starke Färbbarkeit des Kerns, zackiges Kernkörperchen, schliesslich totalen Kernschwund und Untergang der ganzen Ganglienzelle. Ferner: Erweiterung des Kapselraumes, Wucherung der Kapselwandzellen, welche den Raum auch ausfüllen können. Das interstitielle Gewebe der Ganglien zeigt keine bedeutende Zunahme und Kernwucherung. REDLICH (1. c.) fand vergrössert erscheinende Spinalganglienzellen mit hellem Protoplasma, öfters mit Vacuolen, ferner geschrumpfte Zellen mit stärker gefärbtem Protoplasma, der Kern oft undeutlich.,,Einzelne Zellen sind auch ganz ausgefallen."

Die von WOLLENBERG und STROEBE wie REDLICH gefundenen Veränderungen erfuhren eine verschiedene Beurtheilung. Während nämlich WOLLENBERG dieselben viel zu gering schätzte, um sie für die primäre Läsion der Tabes ansprechen zu können, äussert sich im Gegensatz STROEBE folgend: „Die Befunde an den Ganglienzellen dürften ... wohl genügen, um mit P. MARIE die primäre Erkrankung bei Tabes in die Spinalganglienzellen zu verlegen und die Degeneration der Hinterstränge als eine hiervon abhängige secundäre Degeneration anzusehen." Doch beeilt sich selbst dieser Autor hinzuzusetzen: ,,Gegen diese Annahme spricht indes vorläufig der nicht proportionale Grad der Erkrankung der Hinterwurzeln und der sensiblen peripheren Fasern am Ganglion." REDLICH äussert sich treffend in folgender Weise:,,Ein sicheres Urtheil über die Läsionen der Spinalganglienzellen bei der Tabes wird sich erst dann abgeben lassen, wenn ausgedehnte Untersuchungen mit der NISSL-Färbung vorliegen werden."

Somit steht die Frage über die Rolle der Spinalganglien bei Tabes momentan derart, dass einerseits wohl fundirte theoretische Erwägungen uns dazu zwingen, in die Spinalganglien die primäre tabische Läsion zu verlegen, während anderseits die thatsächlichen histologischen Funde an den Spinalganglienzellen absolut nicht als ausreichend zu bezeichnen sind. In Anbetracht dieser Sachlage musste ich mir die Frage vorlegen, ob denn die modernen Zellstructurfärbungen, namentlich NISSL's Tinction, uns nicht eines Besseren belehren dürften, umsomehr, da wir in LENHOSSEK'S trefflicher Arbeit ,,Ueber den Bau der Spinalganglienzellen des Menschen" eine vorzügliche Grundlage zur Entscheidung der oben aufgeworfenen Frage besitzen. So entschloss ich mich bereits 1896, die tabischen Spinalganglien mit Hülfe der NISSL'schen Färbung zu untersuchen. Zur Analyse gelangten drei Fälle von Tabes, wovon ein Fall bezüglich der Intensität der Hinterstrangsaffection als beginnend zu bezeichnen ist, während die übrigen zwei Fälle Vertreter der absoluten Tabes waren, d. h. durchgreifende Entartung sämmtlicher hinteren Wurzeln des Rückenmarks darboten.

Da nun die Beurtheilung der etwaigen Veränderungen der Spinalganglienzellen in erster Linie von der normalen Structur abhängig ist, so sei mir in nur einigen Zeilen gestattet, die wichtigsten Sätze aus LENHOSSEK'S klassischer Beschreibung vorzuführen. Ich beschränke mich hierbei einzig auf den färbbaren Bestandtheil des Zellkörpers, von LENHOSSEK nicht ohne Grund,,Tigroid"

1 1 Arch. f. mikroskop. Anatomie. 1897.

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