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Beine hochhebt, so fallen sie leblos herab. Die Patellarreflexe sind nicht vorhanden. Das Kind kann bekannte Worte ,,Mutter oder seinen eigenen Vornamen u. s. w.“ hervorbringen, doch erfolgt das Sprechen explosiv. Die Sensibilität ist ungestört. Es besteht eine Vergrösserung des rechten Ventrikels und ein präsystolisches Geräusch an der Herzspitze. Eine Hysterie ist auszuschliessen, vielmehr entspricht die Affection der zuerst von Engländern und Franzosen beschriebenen paralytischen Chorea. Ausser dieser Form, welche mit der gewöhnlichen Chorea beginnt und in Paralyse übergeht, hat Gowers noch eine andere publicirt, wo sich eine Monoplegie mit leichten chorea förmigen Bewegungen zeigte. In der letzten Publication von Filatow wurde die Affection durch starken Gebrauch von Eserin herbeigeführt. Die Chorea mollis setzt, wie dieser Fall zeigt, auch früher ein, als die gewöhnliche Form der Chorea. Die Prognose der Krankheit ist günstig.

Herr Rosin: Ueber wahre Heterotopie im Rückenmark.

M. H. Ueber Heterotopien im Rückenmark sind seit Pick's erster Veröffentlichung schon viele weitere Berichte erfolgt, welche schon jetzt die Zahl 30 überschreiten. Allein van Gieson's sehr sorgfältige kritische Untersuchungen haben die Mehrzahl dieser Veröffentlichungen als postmortale Kunstproducte mit Sicherheit nachgewiesen. Nur wenige Fälle von Pick, Hans Virchow, Kramer, Kronthal und van Gieson selbst, konnten seiner Kritik stand halten.

Ich erlaube mir nun heute, Ihnen einen Fall von wahrer Heterotopie zu demonstriren.

Im oberen Dorsalmark in einer 1 mm dicken Schicht fanden sich doppelseitig zwei verbreiterte Piafortsätze an der Grenze von Vorder- und Seitensträngen, da, wo die vorderen Wurzeln austreten. Die Fortsätze besassen ein der grauen Substanz gleiches Grundgewebe, waren von markhaltigen Nervenfasern, vorderen Wurzelfasern überdies durchquert und enthielten fast in jedem Querschnitt (es waren mehr als 50) Nervenzellen, meist zwei oder drei, zuweilen auch vier oder fünf von der Grösse derjenigen der Vorderhörner, rund oder vieleckig, mit gelben Körnern im Leibe, deutlichem grossen Kern nnd Kernkörperchen; ein Zusammenhang mit den Nervenfasern war nicht deutlich nachweisbar. Im Uebrigen war das Rückenmark vollständig normal an Grösse und Configuration der grauen und weissen Substanz, wovon Sie sich an den ausgestellten Präparaten überzeugen können; ich habe im Gegensatz hierzu auch einen Fall von falscher Heterotopie bei acuter Erweichung, ein Kunstproduct, ausgestellt.

M. H. Ganglienzellen in der weissen Substanz sind schon häufig vorgekommen. Ich selbst halte ihr Vorkommen im Lendenmark in der Nähe der grauen Substanz und zwar an der Aussenseite der Hinterhörner an den Seitensträngen für ausgemacht und demonstrire Ihnen hier ein solches Präparat. Uebrigens hat Sherington bei Mensch und Thier solche versprengte Ganglienzellen in der weissen Substanz, übrigens immer in der Nähe der grauen, genauer beschrieben.

Sodann hat Pick in zwei seiner Fälle von wahrer Heterotopie der grauen Substanz, die auch van Gieson gelten lässt, Nervenzellen in der vorgelagerten grauen Substanz gefunden; es war dies in den Hintersträngen.

Drittens finden sich Beobachtungen von Ganglienzellen in den Nervenwurzeln. In den hinteren Wurzeln stammen dieselben von Rattone, Onodi, Siemerling u. A. In dem vorderen haben zwar schon Freud beim Tetrompyon, Schäfer, von Köllicker, Tanji bei der Katze derartige Beobachtungen gemacht, beim Menschen hat aber, nachdem Onodi und Siemerling nur flüchtig darauf hingewiesen haben, erst Hoche in sehr bemerkenswerten Untersuchungen auf ihr regelmässiges Vorkommen im unteren Teile des Rückenmarks und zwar am centralen Ursprunge der vorderen Wurzeln in der Meckel'schen Rindenschicht zwischen den Lamellen der Pia aufmerksam gemacht.

Der Fall, den ich Ihnen demonstrire, gehört ebenfalls dem Gebiete der

vorderen Wurzeln an, liegt hoch oben im Dorsalmark an einer Stelle, wo Hoche Nervenzellen gewöhnlich nicht gefunden hat. Die Zellen unterscheiden sich von den Hoche'schen durch das Fehlen jeder Kapseln, auch liegen sie in ein gliomatoses Grundgewebe eingebettet.

So gewinnt dieser Fall durch die Hoche'schen Untersuchungen zwar eine gewisse Bedeutung, erweist sich jedoch als ein Unicum. Ob er in der That so selten ist, möchte ich dahingestellt sein lassen. Zur Erkennung sind möglichst differencirende Färbungsmethoden nötig; durch die von mir angegebene Färbungsmethode mit Triacid kann ich Ihnen die Anomalie hier leicht demonstriren, während die Methode mit Hämatoxylin-Eosin, wie auch Hoche klagt, ebenso die Carminfärbung und die van Gieson'sche die Zellen leicht entgehen lässt.

Der Fall lässt sich entwicklungsgeschichtlich ebenso erklären, wie dies Hoche für seine Zellen angiebt. Der um die graue Substanz sich erst später entwickelnde weisse Markmantel hat mit diesen eine Anzahl Nervenzellen von ihrem Verbande in der grauen Substanz abgesprengt. Ueber die Function vermag ich natürlich nichts auszusagen, jedoch ist es möglich, dass sie functionirt haben, da sie sonst vielleicht atrophirt wären.

Herr Oppenheim: Zur Lehre von der multiplen Sclerose.

Was die Aetiologie dieser Krankheit anbetrifft, so ist von Kabler und Pick, ferner von Marie auf die acuten Infectionskrankheiten hingewiesen worden. Unter Anerkennung dieses Factums hat O. auf die toxische Infection die Aufmerksamkeit gelenkt, insofern häufig Maler, Kupferschmiede, Zinkgiesser, Arbeiter, welche in Phosphorfabriken beschäftigt sind, u. s. W. von der Krankheit befallen werden. Lenk hat festgestellt, dass in 10% der Fälle Gelegenheit zu Bleiintoxication nachgewiesen wurde. Krafft-Ebing, welcher 100 Fälle untersucht hat, führt die Aetiologie auf Erkältung zurück. In den letzten Jahren haben sich Fälle gezeigt, wo Malaria und Influenza als ätiologische Momente viel angegeben sind. O. meint, dass man nicht nur nach der augenblicklichen, sondern auch nach der früheren Beschäftigung des Pat. fragen muss, um zu besseren Schlüssen bezüglich dieses Punktes zu kommen.

Ein zweites Moment, welches hervorgehoben zu werden verdient, ist die etappenweise auftretende Form der Krankheit. Im Kindesalter wird die Krankheit gewöhnlich nicht gefunden; damit ist aber nicht bewiesen, dass die Krankheit nicht in der Kindheit beginnt; die Krankheit kann in Etappen verlaufen, welche durch Jahre getrennt sind. O. hat mehrere Fälle beobachtet, wo die Krankheit im Kindesalter im 13.-15. Lebensjahre begonnen hat. Sehr häufig stellt sich heraus, dass einzelne Symptome schon vor einem Decennium nach einer Infectionskrankheit eingetreten sind. Von 36 solchen Pat., welche O. in den letzten 4 Jahren hatte, hat er 28 genauer auf ihr Vorleben examiniren können und von diesen hatten 11 mit giftigen Stoffen zu thun, darunter mehrere mit Blei, mit Grünspahn, Kupfer, Kohlenoxyd u. s. w. Diese Zahlen sprechen doch sehr für dieses Moment. O. hat nur solche Fälle verwerthet, wo die Diagnose ohne Zweifel war. Hierauf theilt er einen Fall mit, in welchem die Diagnose durch die Autopsie nicht bestätigt war. Ein Maler bekam zuerst spastische Parese der Beine, dann der Arme; die Sensibilität war erhalten; es bestanden Blasenbeschwerden; bei Bewegungen des rechten Armes war deutliches Intentionszittern vorhanden; es bestand mässige Demenz; an den Augen nichts Krankhaftes, dagegen war die Sprache scandirend, es kam schliesslich Gaumensegelparese hinzu. Apoplectische Anfälle waren nicht aufgetreten. Es fand sich nun statt der erwarteten Sclerose das Bild der combinirten Systemerkrankung, letztere erwies sich als aufsteigende Degeneration der Hinterstränge und Kleinhirnseitenstrangbahn und aus einer Degeneration der vom Cerebrum absteigenden Pyramidenbahn. Der Process in den Goll'schen Strängen ging von einer Gefässerkrankung im unteren Dorsalmark aus. Dazu kam ein Erweichungsherd in der Brücke, welcher gleichfalls eine Gefässaffection

seine Entstehung verdankte. Der betreffende Pat. hatte jede Infection geleugnet. Der Process an der Basilaris hatte aber sehr grosse Aehnlichkeit mit der specifischen Erkrankung. Dieser Fall zeigt, dass ein der Sclerose verwandtes Bild durch einen diffusen Process hervorgerufen werden kann.

Von besonderen Fällen führt O. folgende an:

Einen Fall beobachtete der Vortragende, wo die spastische Rigidität sich lange Zeit auf eine Körperhälfte beschränkte, erst ganz spät wurde auch das andere Bein ergriffen. Dieser Fall ist noch dadurch ausgezeichnet, dass sich sehr frühzeitig ein sehr hoher Grad von geistiger Schwäche einstellte. Im Rückenmarke fanden sich nicht viel pathologische Veränderungen, dagegen im Gehirn ein sehr grosser sclerotischer Herd der Hemisphären, der sich bis auf den Balken erstreckte.

Im zweiten Falle handelt es sich um ein 23 jähriges Mädchen, welche seit ihrem 14. Jahre Sehstörungen auf dem linken Auge hatte, die sich acut entwickelt hatten. Darauf bildete sich spastische Parese der Beine, Atrophie des Opticus, Sensibilitätsstörungen heraus, so dass die Diagnose damals ohne Zweifel gestellt werden konnte. Nach 10 Jahren fand O. dieselbe Pat. im Siechenhaus wieder; es bestand spastische Paraplegie, ferner Thermanästhesie u. s. w. Vor Untersuchung des Augenhintergrundes wurde eine falsche Diagnose gestellt, die aber sofort nach Feststellung einer Opticusatrophie corrigirt werden konnte. Es fand sich denn auch post mortem eine ausgeprägte Sclerose im Dorsalmark, welche den ganzen Querschnitt betroffen hatte. Das Interesse des Falles liegt darin, dass die Krankheit im 14. Lebensjahre begonnen hatte, dass sie mit Sehstörungen einsetzte, die sich wieder zurückbildeten, dass sie später das Bild einer Myelitis transversa vortäuschte, so dass O. im Anfangsstadium die richtige, im späteren Verlauf derselben eine falsche Diagnose stellte.

O. hält die Bezeichnung Intentionszittern nicht für richtig und begründet dies damit, dass diese Bewegung auch im Affect bei Reflexbewegungen vorkomme. Die apoplectiformen Erscheinungen sind selten, oft dagegen sind myelitische Formen anzutreffen. Die multiple Sclerose kann auch mit dem Bilde einer Encephalitis pontis beginnen; derartige Attaquen können auch im Verlaufe der Krankheit auftreten. Auch auf psychischem Gebiete kommen nicht so selten Störungen vor z. B. Zustände von passagerer Verwirrtheit, von Demenz, ebenso Störungen am Acusticus.

Herr Flatau fragt an, ob O. Veränderungen in der grauen Substanz der Clarke'schen Säulen gefunden hat.

Herr Hitzig bemerkt, dass schon Ribbert die Vermuthung ausgesprochen habe, dass es sich hierbei um eine Infectionskrankheit handele, ebenso Marie.

Herr Goldscheider meint ebenso, dass viele Autoren die Ansicht, dass die multiple Sclerose auf Infection mit toxischen Stoffen beruhe, ausgesprochen hätten, z. B. Leyden hätte diese Ansicht schon vor Jahren vertreten. G. stellt die Frage, wie sich O. die Nachwirkung nach der Infection denkt, ob eine solche auch eintrete, wenn eine Beschäftigung mit toxischen Stoffen aufgehört habe. Der Verlauf der Krankheit in Schüben mache für die Erklärung doch recht viel Schwierigkeiten.

Herr Jolly glaubt ebeufalls, dass die Theorie von der infectiösen Natur von vielen acceptirt ist. In vielen Fällen ist garnichts derartiges nachweisbar. Die intensive Nachforschung, wie sie O. besonders empfohlen habe, könne mitunter auch zu falschen Schlüssen führen, so war bei einem derartigen Kranken Beschäftigung mit toxischen Stoffen in der Anamnese nachgewiesen worden und es stellte sich nachher heraus, dass die Krankheit schon viel früher begonnen hatte. Ferner fragt J. bei dem Vortragenden an, ob er einen geeigneteren Namen für Intentionszittern vorschlagen könne.

Herr Oppenheim erwidert, dass er auch in der grauen Substanz Veränderungen gefunden habe; die Arbeit von Ribbert sei ihm sehr bekannt, indessen sind diese Befunde sehr angezweifelt worden. Er freue sich zu hören, dass die toxische Theorie jetzt von vielen angenommen und berücksichtigt werde. Er glaubt, dass die einzelnen

Schübe auch später noch eintreten, wenn die krankmachenden Schädlichkeiten nicht an den Pat. herankommen; diese acuten Verschlimmerungen liessen sich dann auch auf andere Momente zurückführen, auf Erkältungen, Ueberanstrengungen u. s. w., auch das Puerperium könne ein solches Moment abgeben. Dass nicht in jedem Falle eine Intoxication vorausgegangen zu sein brauche, giebt O. zu, z. B. kann das Trauma als ätiologisches Moment angeführt werden. Für das Zittern hat er keine bessere Bezeichnung, der Name umfasse nach seiner Ansicht nicht alles, was damit bezeichnet wird.

Herr Brasch: Zur Pathologie der syphilitischen Früherkrankung.

Es handelt sich um einen 47 jähr. Pat., welcher Vergolder war und mit Blei zu thun hatte. Der Vater des Pat. war geisteskrank, die Mutter phthisisch. Aufang August 1893 acquirirte Patient Lues, während der Behandlung wurde schon deutlicher Bleisaum constatirt; während der Schmierkur 2 Monate nach der Infection trat eine rechtsseitige Facialislähmung ein. Die Lähmung hatte einen peripherischen Charakter von schwerer Form. Anfangs November klagte Pat. über Kopfschmerzen und Schwindel; sein Aussehen war schlecht, kachectisch; vorübergehend wurde Zucker im Harne und Verschwinden der Patellarreflexe beobachtet; als dann Ende November auch Gehörstörungen auftraten, erweckte dies den Verdacht, dass ein cerebrales Leiden vorliege. Der Kranke hat schon vorher Jodkali bekommen; die Ohrerkrankung wurde als eine Labyrintherkrankung gedeutet. Aus dem Krankenhause, in welches sich Pat. begeben hatte, wurde er nach 2 Monaten gebessert entlassen. Die Besserung dauerte indessen nicht lange, es stellten sich wieder Kopfschmerzen und Schwindel ein und das Gehör wurde schlechter; während der folgenden Behandlung trat eine linksseitige Hemiplegie ein, so dass also eine. wechselständige Hemiplegie bestand; ausserdem wurde zu dieser Zeit eine Pupillendifferenz constatirt. Im Laufe der Zeit verschlimmerte sich der Zustand und Fat. ging zu Grunde. Die Section ergab keine Meningitis, sondern es ergab sich nur die reine vasculäre Form der cerebralen Syphilis. Die ganzen Basalarterien waren hochgradig verändert, was an einer wohlgelungenen Photographie, welche Vortr. herumreicht, deutlich zu sehen ist. Die anatomische Untersuchung dieses Falles ergab eine secundäre Degeneration in der einen Pyramide, welche proximal in einem Herde endigte, der die rechte Seite des Pons bis zur Raphe einnahm. Vortr. hat auch den Facialis und Acusticus untersucht. Vom rechten Facialis war der Kern und das Knie gesund; der Nerv ausserhalb des Gehirns zeigte jedoch schwere Veränderungen, es handelt sich um eine schwere parenchymatöse Entzündung desselben. Der N. acusticus zeigte Infiltrate; die Veränderung dieses letzteren Nerven hält B. für syphilitisch, dagegen die des Facialis nicht.

Die Besonderheiten, welche der Fall bietet, sind 1. das zeitige Auftreten der cerebralen Syphilis nach der Infection. Was den Zeitpunkt anbelangt, so sind viele Fälle beschrieben, an denen ersichtlich ist, dass die Erkrankungen an cerebraler Syphilis durchaus nicht in die Tertiärperiode zu verlegen sind, so von Jolly, ferner in der Royal society. 2. B. glaubt, dass auch anatomisch eine Trennung der secundären und tertiären Periode nicht richtig ist, da beide in einander übergehen, 3. Die Wirksamkeit des Hg und Jod ist nicht an die betreffende Periode geheftet. Gowers sagt, dass er nicht einsehen könne, was es für praktischen Nutzen habe, zwischen tertiärer und secundärer Lues zu unterscheiden. Ein Hauptgrund, weshalb dieser Fall so schnell verlaufen ist, liege wohl in der mangelhaften Behandlung, die Patient in der ersten Zeit gehabt hat, es wird vielleicht auch die Bleiintoxication als ein wesentliches Moment dazu beigetragen haben. B. kommt zu folgenden Schlüssen : Erkrankungen des Centralnervensystems können in jedem Stadium der syphilitischen Erkrankung auftreten. Sie treten wahrscheinlich um so eher auf, je schlechter die antisyphilitische Behandlung war. Einen Unterschied zwischen tertiärer und secundärer Hirnsyphilis giebt es nicht.

Herr Oppenheim bemerkt, dass schon Heubner und Rumpf mit der Ricord'schen Ansicht gebrochen haben, und führt ferner die Mittheilungen über diesen Punkt von Gilles de la Tourette an; ebenso hätte Naunyn schon längst nachgewiesen, dass die grösste Mehrzahl der Fälle cerebraler Lues in den ersten Jahren nach der Infection eintrete.

Herr Rosin: Die Gefässerkrankung ist von Baumgarten in jedes Stadium verlegt worden, deshalb können auch die mit den Gefässen zusammenhängenden Störungen ebenso früh auftreten; es ist sehr leicht möglich, dass das frühzeitige Auftreten der Störungen mit dem frühzeitigen Erkranken der Gefässintima zusammenfällt. Wenn einmal die Gefässerkrankung entwickelt ist, hat die antiluetische Cur gewöhnlich keinen Nutzen mehr, daher auch die Erfolglosigkeit der Therapie in diesen Fällen. Wenn sich Besserungen hier zeigen, so beruhe das wahrscheinlich auf Verbesserungen der Circulation und besserer Ernährung mit Blut.

Herr Heller: Auch die Syphilidologen stehen nicht auf dem strengen Standpunkte der Scheidung zwischen secundärer und tertiärer Syphilis; auch die frühzeitigen Erkrankungen des Cerebralsystems sind den Syphilidologen bekannt, so kenne er einen Fall, wo sich frühzeitig ein Ménière'scher Symptomencomplex gezeigt habe. Herr Mendel kennt Fälle, wo die Entarteriitis an den peripherischen Arterien auftraten, und in Folge dessen der Puls verschwand und in denen durch die antisyphilitische Cur der Process wieder rückgängig wurde, so dass der Puls wiederkam. Was an der A. radialis möglich sei, müsse auch an den Hirnarterien eintreten können. M. meint, dass man sich hüten solle, auf Grund fremder Erfahrungen, ohne dass man selbst entsprechende gemacht hat, entscheidende Schlüsse zu ziehen.

Herr Rosin bemerkt, dass er nur Beobachtungen von Baumgarten hervorgehoben habe.

Herr Brasch weist Herrn Oppenheim auf einen gewissen Widerspruch hin, welcher zwischen seinen Ausführungen und den Bemerkungen besteht, die er über diesen Punkt in seinem Lehrbuche gemacht hat. Die Therapie könne an den Gefässen nur Infiltrate wegschaffen, sobald sich aber Bindegewebe gebildet habe, sei sie nutzlos. Jacobsohn.

Psychiatrischer Verein zu Berlin.

Sitzung vom 14. December 1895.

Ein Fall von in früher Kindheit entstandener Facialislähmung, (Erscheint als Originalabhandlung.)

Der Ministerialerlass vom 20. September 1895 über die Aufnahmə in Privatanstalten.

Herr Jastrowitz: Die Angriffe, welche die Irrenanstalten in den letzten Jahren erlitten haben, beschränken sich hauptsächlich auf Privatanstalten. Die Vorwürfe beziehen sich darauf, dass Geistesgesunde für krank erklärt und wider ihren Willen eingesperrt gehalten wurden, oder dass sie aus materieller Gewinnsucht länger als nöthig zurückgehalten oder während ihres Aufenthaltes in der Anstalt misshandelt wurden und dergleichen mehr. Wie viel zu dieser Erregung wohl eine gewisse politische Parteirichtung beigetragen hat und wie viel gerechte Vorwürfe dabei sind, lässt Vortr. dahingestellt sein. Die Gewerbeordnung hat, wie sie jedem Arzte erlaubte, sich seinen Wohnsitz nach Belieben zu wählen, ihm auch die Eröffnung von Irrenanstalten freigegeben und das immer mehr sich einstellende Bedürfniss der besser situirten Gesellschaftskreise, für ihre Kranken wohleingerichtete Anstalten zu haben, liess diesem Bedürfnisse gemäss immer mehr neue Privatanstalten entstehen. In der ersten Zeit waren die Besitzer vieler dieser Anstalten gar nicht Aerzte, sondern irgend welche Unternehmer, welche sich Aerzte engagirten, die gar keine oder sehr mangelhafte Kenntnisse in der Psychiatrie besassen. Obwohl diese Verhältnisse mit

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