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Seite des Oberkiefers sämmtliche Zähne mit Ausnahme des 3. Molarzahnes. Besonders wichtig ist das Fehlen der Geschmacksempfindung auf den vorderen 2/3 der linken Zungenhälfte. Schmidt neigt der Ansicht zu. dass die Geschmacksfasern durch den Stamm des Quintus in das Hirn gelangen und zwar gehen die Fasern aus dem Facialisstamme wahrscheinlich durch den Nervus petrosus superficialis minor und das Ganglion oticum in dem 3. Trigeminusast. Dafür spricht eine zweite Beobachtung des Vortragenden: hier war der erste und zweite linke Trigeminusast vollständig, der dritte partiell gelähmt, der Geschmack erhalten. R. Pfeiffer (Berlin).

Verein für innere Medicin in Berlin.

Sitzung vom 18. November 1895.

(Deutsche medicinische Wochenschrift. 1896. Nr. 1.)

Der

H. Kalischer demonstrirt einen Fall von Poliencephalomyelitis. betreffende 50jähr. Patient, welcher als Eisenbahnzeichner sehr anstrengenden Dienst hatte, erkrankte im December 1893 an schwerer Influenza, konnte jedoch nach 4 Wochen seine Thätigkeit wieder aufnehmen. Im April 1894 stellte sich Doppeltsehen ein, später links-, dann rechtsseitige Ptosis, beiderseitige äussere Augenmuskellähmung, Schwäche und rasche Ermüdbarkeit der Kau-, Lippen-, Schlund- und Nackenmusculatur. Keine cerebralen Symptome allgemeiner Natur. In der Augenklinik zu Breslau wurde doppelseitige Oculomotoriuslähmung bei freiem Augenhintergrunde constatirt. Im December 1894 begann der Zustand sich zu bessern, Pat. konnte seine Arbeit wieder aufnehmen. Seit dem April 1895 ermattet der Kranke wieder bei den einfachsten Bewegungen der Kau-, Sprach-, Schluck-, Gesichts- und Augenmuskeln; es wechseln gute und schlechte Tage, Ruhe wirkt stets lindernd. Dauernde geringe, linksseitige Ptosis, leichte Parese des Rectus externus und der beiden interni, ungleiche Innervation der Gesichtsmusculatur, starke Abschwächung des Augenverschlusses, bedeutende Schwäche der Kiefermuskeln, nasale Sprache, keine cerebralen Allgemeinsymptome. In letzter Zeit Betheiligung der Nacken-, Arm-, weniger der Rumpfmusculatur, Sensibilität und Sphincteren intact. — Alcoholismus und Lues liegen nicht vor.

Kalischer giebt in der Epikrise eine kurze Schilderung des sehr variablen, unter verschiedenen Namen beschriebenen Krankheitsbildes, dessen Prognose er für sehr zweifelhaft hält. Für die toxische Natur der Erkrankung spricht u. a. das Auftreten nach Infectionskrankheiten, hierbei ist nach dem Vortragenden bemerkenswerth, dass mitunter im Anschluss an das Infectionsleiden die Krankheitserscheinungen leicht auftreten, dann schwinden und einer Remission und scheinbaren Heilung Platz machen.

Differentialdiagnostisch kommen nach K. vor Allem die Poliencephalitis superior acuta (haemorrhagica), die spinale Muskelatrophie und Suchenne'sche progressive Bulbarparalyse in Betracht. Der meist langsamere, erhebliche Remissionen und Schwankungen aufweisende Verlauf, der Mangel typischer Localisation, das Fehlen von Entartungsreaction (nur einmal beobachtet), von fibrillären Zuckungen und Muskelatrophie sprechen für Poliencephalomyelitis. R. Pfeiffer (Berlin).

Aerztlicher Verein in Hamburg.

Sitzung vom 7. Januar 1896.

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Herr Nonne spricht über Weiteres zum Capitel der RückenmarksBefunde bei letalen Anämien“. Er hat zwei neue Fälle untersucht; bis jetzt hat N. 21 Fälle von letalen Anämien untersucht; in 13 Fällen fand er Veränderungen im Rückenmark.

In N.'s erstem Fall handelte es sich um eine 65 jährige Dame, die nie syphilitisch gewesen war, welche seit langen Jahren an wechselnden Erscheinungen von Nervosität

und Hysterie litt; vor 8, 7 und 6 Jahren litt sie an,,Morbus Brightii" genau beobachtet -; die Albuminurie verschwand nach mehrmaligem Aufenthalt im Süden völlig und trat in den letzten sechs Lebensjahren nicht wieder hervor; ca. vier Monate vor ihrem Tode ward sie anämisch und adynamisch; die klinische Untersuchung ergab keine palpable Anomalie an den inneren Organen; der Hämoglobingehalt ging bis auf 15%, die Anzahl der rothen Blutkörperchen auf weniger als 1 Million herunter, eine Vermehrung der Kernhaltigen rothen Blutkörperchen, der eosinophilen Zellen, eine stärkere Poikilocythose u. s. w. lag nicht vor; der ophthalmoskopische Befund war normal, klinische somatische Symptome von Seiten des Nervensystems hatten gefehlt. Bei der Section zeigte sich, abgesehen von einer extremen Anämie und einer typischen fettigen Degeneration des Herzens, makroskopisch keine Organ-Erkrankung; die mikroskopische Untersuchung des Herzens ergab ebenfalls fettige Degeneration, in den Nieren fanden sich hie und da Narben-Processe Glomeruli und Harnkanälchen, in der Leber stellenweise kleine Infiltrationsherde um die Pfortaderverzweigungen herum und im Parenchym; die Art. cruralis zeigte eine ausgesprochene Wucherung der Intima.

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Im Rückenmark fand N. nur 3 kleinste Herde, alle im Halsmark gelegen; ein Herd sass lateral vom rechten Seitenhorn, ein zweiter lateral, aber nicht ganz symmetrisch, vom linken Seitenhorn, ein dritter Herd in der Tiefe des rechten Vorderstrangs, dicht vor der vorderen Commissur. Die Herde charakterisirten sich wieder durch die Ansammlung einer Reihe von Fasern, deren Axencylinder oder deren Markscheide oder Beides zusammen im Stadium der acuten,,Myelitis" sich befanden; die übrigen intramedullären nervösen Gebilde waren sämmtlich normal; speciell die graue Substanz zeigte sich absolut normal vordere und hintere Das Fasernetz war reichlich entwickelt und durchaus intact, die Ganglienzellen normal an Zahl, Volumen, Form u. s. w. Vortr. betont, dass er ausser der BoraxCarmin-Methode, der Färbung nach Weigert-Pal-Wolters-Kultschitzky-, auch die Nissl'sche Färbung und die Orcein- und van Guison'sche Methode angewandt hat Was die Gefässe betrifft, so erschienen auch hier die Wandungen zum Theil unter dem Bilde der hyalinen Degeneration und waren stellenweise auffallend dick, auch hier erschienen die Lymphräume vereinzelt erweitert; jedenfalls boten die Gefässe nicht das gewöhnliche Bild normaler Rückenmarksgefässe; an der Art. spinalis anterior und posterior zeigten sich keine Veränderungen.

N. betont, dass nach dem Befunde an der Art. cruralis von jetzt an in allen Fällen bei der Untersuchung des zweiten Falles hatte N. diese Erfahrung leider noch nicht gemacht die peripheren Arterien untersucht werden sollten, gerade in Rücksicht auf die noch immer streitige Frage auf die Stellung der Gefässe zu der Erkrankung der nervösen Elemente.

Vortr. geht auf Rothmann's letzte Publication ein, der in einem Fall schwerer Anämie ausgedehnte symmetrische Strangerkrankungen im Rückenmark fand, und auf diesen Fall hin der Meinung Ausdruck gab, auch in den bisherigen Fällen anämischer Rückenmarks-Erkrankungen habe es sich um mehr oder weniger weit vorgeschrittene combinirte Strang-Erkrankungen gehandelt; die primäre Alteration sitzt nach R.'s Ausführungen er fand in seinem Fall eine leichte Veränderung der vorderen grauen Substanz in der grauen Substanz des Rückenmarks; unabhängig von Pierre Marie wird auch R. auf die Annahme einer endogenen und exogenen Erkrankung der weissen Substanz des Rückenmarks geführt.

Dieser Fall ist, neben dem Fall Stein und Staack (Fall 9 und 10) aus der letzten Arbeit N.'s über dieses Thema, der früheste, zur mikroskopischen Cognition gekommene, einschlägige Fall; in solchen Frühfällen muss man aufmerksam suchen, um die kleinen Herde nicht zu übersehen.

Der vorliegende Fall beweist von Neuem das, was die bisherigen Autoren festgestellt hatten, dass die Affection in Form kleinster acut-myelitischer, ganz irregulär

gelegener Herde sich entwickelt, dass die graue Substanz

Methode untersucht

auch nach der Nissl.

nicht nachweisbar afficirt ist, und dass die intramedullären Gefässe nicht ganz normal sind.

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plötz

Zu ganz denselben Schlüssen führt auch der zweite von N. beobachtete und anatomisch untersuchte Fall: Eine 68 jährige Dame, die im Wesentlichen früher stets gesund gewesen war, erkrankte im Anschluss an schweren Kummer licher Tod des Gatten, bald nachher unerwarteter Tod einer Schwester und tödtliche Erkrankung eines erwachsenen Sohnes an allgemeinen Schwäche-Erscheinungen; bald wurde Pat., unter hochgradiger Anorexie, anämisch. Die Anämie war progressiv, der Hämoglobin-Gehalt sank bis auf 10%, die Anzahl der rothen Blutkörperchen bis unter eine Million; es traten ziemlich zahlreiche kernhaltige rothe Blutkörperchen auf, eine Vermehrung der eosinophilen Zellen blieb zweifelhaft. Ophthalmoskopisch liessen sich keine Netzhaut-Blutungen nachweisen. Auch hier fehlten objective Anhaltspunkte für die Annahme einer Erkrankung des Centralnervensystems.

Die anatomische Untersuchung ergab hochgradige Verfettung des Herzfleisches, geringe fettige Degeneration der Leber; im Rückenmark im rechten Hinterstrang 2 mittelgrosse, im linken Hinterstrang einen kleinen acuten Degenerationsherd vom bekannten Charakter die Herde lagen im Halsmark; sie gruppirten sich je um ein Gefäss herum; dasselbe zeigte die im vorigen Fall beschriebenen Eigenschaften.

Die vordere und hintere graue Substanz war in jeder Beziehung untersucht mit derselben Methode, die in Fall I zur Anwendung gekommen war normal. Die Herde waren in der ,,mittleren Wurzelzone" gelegen, lagen unsymmetrisch; auch hier liess sich an Art. spinalis anterior und posterior keine Anomalie finden.

Diese beiden neuen Fälle bestätigen somit auf's Neue die bisherigen Ansichten der Autoren und sind nicht geeignet, die Ansicht Rothmann's zu stützen.

Die zwei Fälle weisen darauf hin, dass, wenn man nur darauf hin untersucht, sich im ganzen Organismus verbreitete Degenerations-Vorgänge in diesen Fällen aufdecken lassen.

Während man den zweiten Fall wohl als „,perniciöse Anämie" rubriciren kann, fällt der erste Fall nur unter die Bezeichnung ,,einfache letale Anämie"; auch hierin sieht man nur eine Bestätigung des an dem bisherigen Material festgestellten, d. h. die Meinung wird hierdurch wieder bestätigt, dass bei verschiedenen Formen von Anämie die allerdings alle progressiv waren die in Rede stehenden Rückenmarks Veränderungen auftreten können. Nur ein Zufall wird es fügen können, festzustellen, ob auch bei schweren Formen von Chlorose derartige Alterationen der Rückenmarks-Substanz vorkommen.

Herr Nonne bringt dann noch folgenden klinischen Beitrag zur Casuistik; er behandelte consultativ vor einem halben Jahre eine 60 jähr. Dame, die, früher stets gesund und kräftig, niemals syphilitisch inficirt, im Anschluss an eine vor ca. einem Jahr durchgemachte,,Influenza" an Symptomen von Herzschwäche erkrankte. Im Laufe der nächsten Monate begannen die allgemeinen Körperkräfte ziemlich schnell zu sinken; eine mehrere Male wiederholte Untersuchung ergab keine palpable Anmalie an den inneren Organen; hingegen wurde Pat. auffallend anämisch; während der viermonatlichen Beobachtungsdauer seitens des Vortr. sank der Hämoglobingehalt bis auf ca. 10, die Anzahl der rothen Blutkörperchen betrug schliesslich nur wenig über 1 Million, Poikilocythose und Mikrocythose war deutlich, kernhaltige rothe Blutkörperchen vielleicht etwas vermehrt; ophthalmoskopisch ausser einer hochgradigen Anämie der Retina keine Anomalie; ca. 6 Monate ante mortem, als Pat. schon stark anamisch war, wurde sie ,,schwach auf den Beinen", sie litt häufig an lästigen Parästhesien in den unteren Extremitäten; bei der objectiven Untersuchung fand sich eine ganz leichte atactische Störung und paretische Schwäche der unteren Extremitäten, beiderseits Aufhebung des Pa.

Der mitzutheilende Krankheitsfall bietet nach zwei Seiten ein Interesse dar; er vermehrt die Zahl der Tabesfälle, bei denen peripherische Nervenerkrankungen angetroffen werden und zweitens liefert er einen Beitrag zur Complication von Tabes mit Kehlkopferkrankung.

Der Pat. erkrankte schon im Jahre 1866, als er erst 13 Jahr alt war, mit Bewusstlosigkeit, Vergrösserung der Pupillen, Augenmuskellähmung und lancinirenden Schmerzen, 1884 zeigte er Ataxie der Beine, Westphal'sches Zeichen, Analgesie, Blasenlähmung, Ophthalmoplegie, Pupillenstarre und Sensibilitätsstörungen im Quintusgebiete; 1890, Larynx-, Pharynx- und Magenkrisen. Die laryngoscopische Untersuchung ergab, dass die Epiglottis gut aufgerichtet werden konnte; es fehlte jede Andeutung eines Katarrhs, das linke Stimmband stand in Cadaverstellung, das rechte Stimmband zeigte keine Bewegungsstörung, doch ist es möglich, dass diese am rechten Stimmband später gleichfalls eingetreten ist, mit Sicherheit konnte dies der Larynxkrisen wegen nicht festgestellt werden. Durch diese immer häufiger werdenden Krisen wurde Pat. immer elender und ging zu Grunde.

Ausser einer kleinen Cyste im Kleinhirn und geringfügigen Vedickung der Meningen an der Basis fand sich makroskopisch nichts; mikroskopisch wurde eine Degeneration der Goll'schen und Burdach'schen Stränge gefunden; der AccessoriusHypoglossus sensible Vaguskern, ebenso der Nucleus ambignus (motor. Vaguskern) waren vollkommen normal, ebenso die von diesen Kernen ausgehenden intra medullaren Nervenfasern. Die Accessoriuswurzeln waren vollständig unversehrt, der linke N. Recurrens dagegen degenerirt und die beiderseitigen Vaguswurzeln nahezu atrophisch. In der Medulla oblongata wurde auch noch das solitäre Bündel theilweise und die aufsteigende Trigeminuswurzel degenerirt gefunden. Von Muskeln war der linke M. posticus vollständig bindegewebig, der rechte auch vollständig degenerirt; auch der linke Adductor zeigte sich beschädigt, der rechte Adductor war normal.

Es unterliege keinem Zweifel, dass die Degeneration der Wurzeln mit der Tabes zusammenhänge, da sie von den geringen makroskopisch gefundenen Veränderungen unabhängig sind. Wie ist nun der Zusammenhang zwischen der motorischen Lähmung und dem Grundprocess der Tabes aufzufassen? Es sind eine Reihe von Fällen bekannt, wo neben der Tabes peripherische Nerven erkrankt waren; die Häufung dieser Fälle hat eine Anzahl von Autoren veranlasst, anzunehmen, dass die Affection peripher beginne und central wärts fortschreite; dass das Spinalganglion in vielen Fällen intact gefunden worden ist, spricht nicht dagegen, man nahm an, dass die Spinalganglien functionell beschädigt sind, aber keine anatomisch nachweisbaren Veränderungen zeigen. Bei Lähmung motorischer Bahnen ist der fortschreitende Process von der Peripherie nach dem Centrum nicht verständlich, man müsste denn die Hypothese erweitern in der Weise, dass die in den sensiblen Bahnen fortgeschrittene Erkrankung sich nach vorn fortsetze, die Kerne functionell schädige, aber nicht anatomisch verändere und diese Schädigung dann auf die motorischen Wurzeln übergehe. Diese Frage ist nach Grabower's Ansicht noch offen.

Ein ganz besonderes Interesse bietet der Fall im Bezug auf die motorische Function des Kehlkopfes. Gegenüber der früheren Ansicht, dass der Accessorius der motorische Kehlkopfsnerv sei, hat G. im Jahre 1891 dargethan, dass der Accessorius mit der Innervation des Kehlkopfes nichts zu thun habe und dass dies allein der Vagus besorge. Fast zu gleicher Zeit erschien eine Arbeit von Rossmann, der zu gleichen Resultaten kam. Diese Ansicht wird noch vielfach bestritten, indem einmal gesagt wird, dass sich Vagus und Accessorius nicht so von einander trennen liessen, weil sie beide eine gemeinsame Kernanhäufung in der Medulla oblongata hätten. Dass diese Ansicht nicht richtig ist, hat G. durch serienweise durch die ganze Medulla oblongata und oberstes Halsmark angelegte Schnitte bewiesen. Es stellte sich bei der Verfolgung der Kerne heraus, dass der Accessoriuskern in den Hypoglossuskern übergehe und dass zwischen dem verschwundenen Accessoriuskern

Muskeln gefunden, die bei Wiederholung des Reizes sich immer mehr verringerte. J. demonstrirt Curven dieser Contractionen, welche theils bei mechanischen, theils bei elektrischen Reizen gewonnen wurden. Wenn man eine tetanisirende Reizung des Muskels vornimmt, so ergiebt sich, dass nach Oeffnung des Stromes eine längere Nachdauer der Contraction stattfindet; wenn dann wiederholt in gleicher Weise gereizt wird, so wird allmählich die Nachdauer kürzer, bis schliesslich normale Verhältnisse eintreten; werden dagegen momentane Reize angewendet, so tritt nur kurze Zuckung ohne Nachwirkung ein. Bei galvanischer Erregung sind die sogenannten Erb'schen Wellen nicht hervorzurufen, eine Erscheinung, die bei der gewöhnlichen Form der Thomsen'schen Krankheit in exquisiter Weise eintritt, zuweilen aber fehlt. Abgesehen von dieser einen Erscheinung sind hier alle Symptome vorhanden, wie man sie bei der Thomsen'schen Krankheit findet.

Eulenburg hat bei Publication eines solchen Falles bemerkt, dass die Analogie dieser Muskelreaction mit solchen, die man bei gewissen Vergiftungen, z. B. Veratrin, findet, nicht zutrifft, sondern dass die myotonische Reaction etwas ähnliches sei. wie die Entartungsreaction. Das ist nach Jolly's Ansicht nicht richtig. Zunächst hat Eulenburg darauf hingewiesen, dass die Latenzperiode bei Veratrin eine kurze und bei Myotonie eine lange ist; letzteres ist nicht richtig. Immer sieht man eine rasche Anfangszuckung, die ohne lange Latenz verläuft und dann das allmähliche Nachfolgen der tetanischen Contraction. Bezüglich des Veratrins besteht J. darauf, dass eine ausserordentliche Analogie mit der Myotonie besteht; es zeigt sich auch bei der Veratrin vergiftung, dass die Langsamkeit der Contraction nur bei der oder den ersten Contractionen eintritt, dass dann später die Muskeln prompt und schnell elektrisch reagiren. Der Chemismus des Muskels ist bei der Myotonie wahrscheinlich in ähnlicher Weise verändert wie beim Veratrin. Der entartete Muskel hat in der That eine sehr lange Latenzzeit und ferner zeigt er niemals eine Andeutung des Phänomens der allmählich normal werdenden Contraction, sondern so viel man auch reizt, jedesmal erhält man dieselbe langsame Zuckung

Vortr. ist der Ansicht, dass es sich in diesem Falle nicht um eine eigentliche Thomsen'sche Krankheit handelt, da das Moment des Angeborenseins fehlt. Die Krankheit ist hier im 42. Lebensjahr entstanden und ist augenscheinlich noch im Zunehmen begriffen. Es zeigt sich weiter, dass während zahlreiche Muskeln einen myotischen Zustand erkennen lassen in anderen Muskeln ausgesprochene Atrophie und Entartungsreaction besteht und dass die Extensoren der Hand einen Schwächezustand und eine quantitative Abnahme der elektrischen Function zeigen. Eine solche Combination ist bis jetzt noch nicht beobachtet und es sei mit Vorsicht zu sagen, wie dieser Zustand aufzufassen ist. Wenn man allein die Atrophie finden würde, so würde man eine beginnende spinale Muskelatrophie annehmen können. J. hält es für möglich, dass dies vorliege und dass damit eine andere Ernährungsstörung in anderen Muskeln eingetreten sei, die in der Form der myotonischen Phänomene in die Erscheinung trete, indess sei aber auch der andere Fall möglich. Herr Moeli fragt, was an der vorgezeigten Curve die zweite spitze Erhöhung, welche gleich der ersten folgt, zu bedeuten habe.

Herr Jolly meint, dass dies durch eine elastische Nachschwingung bedingt sei. Herr Remak hält es für möglich, dass hier eine Atrophie im Bereiche des N. medianus besteht, so dass hier vielleicht eine Complication einer durch Ueberanstrengung erzeugten Neuritis mit einer schon vorher entstandenen Myotonie vorliege; solche Neuritiden kämen bei mechanisch stark angestrengten Arbeitern sehr viel vor.

Herr Jolly: Obwohl positive Anhaltspunkte für eine Neuritis nicht bestehen, ist es möglich, dass die Ansicht des Herrn Remak zutreffend sein könne.

Herr Grabower: Ueber einen Fall von Tabes dorsalis mit Kehlkopfsymptomen.

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