Images de page
PDF
ePub

in gewissen Krankheitsfällen hinzugetreten; ein Verfahren, das erst durch die wachsende Vervollkommnung der Instrumentarien ermöglicht und praktisch brauchbar gemacht wurde. Seiner Neuheit entsprechend hat dieses Verfahren noch mit manchen Schwierigkeiten, worunter auch das Vorurtheil, dass es nichts leiste und leisten werde, zu kämpfen. Allerdings sind die bisherigen Ergebnisse nicht gerade bedeutend, doch befinden sich darunter immerhin solche von einem gewissen differentialdiognostischen Interesse. Am bekanntesten sind die Untersuchungen über BASEDOW'sche Krankheit, wobei sich eine - oft sehr beträchtliche Abnahme des galvanischen Hautwiderstandes (Verminderung des relativen Widerstandsminimums; Erreichbarkeit des absoluten Minimums schon mit geringerer elektromotorischer Kraft) als ein zwar nicht constanter und pathognomonischer, aber doch überraschend häufiger Befund herausstellte, wie R. VIGOUROUX, MARTIUS, KAHLER und ich übereinstimmend nachwiesen. anderen Krankheitszuständen sind die Angaben noch vereinzelt und zum Theil widersprechend. So fand VIGOUROUX den Leitungswiderstand bei Hysterischen, auch ohne Vorhandensein von Hemianästhesien, erhöht (von mir in einzelnen Fällen bestätigt); BOCCOLARI und BORSARI fanden Erhöhung bei progressiver Paralyse sowie auch nach epileptischen Anfällen; SEGLAS (und schon früher ich selbst) bei Melancholie, TIEMANN in einem Falle von Myxoedem; bei Hemikranie will NEFTEL eine Widerstandsverminderung auf der leidenden Seite gefunden haben, während ich in einzelnen Fällen Erhöhung, in anderen Verminderung constatirte. Das sind so ziemlich alle bisher mitgetheilten Befunde. -Da unzweifelhaft überall, wo beträchtliche Normabweichungen in der einen oder anderen Richtung sich finden, die physikalische Beschaffenheit der Haut, nebst deren Durchfeuchtung, Gefässfüllung u. s. w., den maassgebenden Faktor bildet, so erscheint es nicht ohne Interesse, Prüfungen des Leitungswiderstandes gerade in solchen Fällen vorzunehmen, wo es sich um ausgesprochene pathologische, circumscripte oder diffuse Verdickungen des Hautorgans handelt; worüber jedoch (abgesehen von dem vorerwähnten Falle von Myxoedem) noch keine Beobachtung vorliegt.

Bereits in früheren Jahren war mir in drei Fällen von Sklerodermie (Sclerema adultorum), die ich zum Zwecke der Sensibilitätsprüfung genauer untersuchte zwei davon auf Veranlassung des Herrn Prof. KÖBNER der anscheinend sehr grosse Leitungswiderstand der Haut an den sklerematösen Partien aufgefallen; doch wurden speciell darauf gerichtete Bestimmungen damals nicht vorgenommen. Dagegen hatte ich kürzlich bei einer mich consultirenden Dame mit mässig vorgeschrittenem, besonders an Händen und Vorderarmen diffus entwickeltem Sklerem (ausschliesslich am Oberkörper) Gelegenheit, den galvanischen Leitungswiderstand an drei aufeinanderfolgenden Tagen eine längere Beobachtungszeit war leider nicht möglich wiederholt zu bestimmen, und die sklerematösen und nicht sklere

1 Ueber Messung galvanischer Leitungswiderstände am Kopf und deren semiotische Verwerthung, Zeitschr. f. klin. Med. Bd. XII, Heft 4. Zur Aetiologie und Therapie der Migräne. Wiener med. Presse 1887.

matösen Hautbezirke sowohl unter einander wie auch mit den entsprechenden Bezirken einer zu diesem Zwecke herangezogenen geeigneten Controlperson speciell zu vergleichen.

Die 33jährige Kranke, Frau aus W., hat früher an Chlorose gelitten, ist seit dem 17. Jahre regelmässig menstruirt, seit dem 24. Jahre verheirathet, hat zwei gesunde Kinder (das jüngste im Alter von 2 Jahren), die sie selbst nährte. Sie hat sonst keine Krankheiten durchgemacht, hat zeitweise angestrengt in der Wirthschaft, in Haus und Garten gearbeitet, in den letzten Jahren auch zeitweise viel Hand- und Schreibearbeit verrichtet, was von ihr selbst als Ursache des jetzigen Leidens angesehen wird. Das letztere entwickelte sich angeblich seit ungefähr einem Jahre, ziemlich gleichzeitig von beiden Händen ausgehend und mit ziehenden, spannenden und brennenden Empfindungen in denselben beginnend. Ohne dass es zu heftigerem Schmerz kam, wurden allmählig die Finger und Hände starr, unnachgiebig, die Bewegungen erschwert; an einzelnen Gelenken (Handgelenk, Metacarpo-Phalangealgelenk des Daumens) zeigte sich auch vorübergehend Anschwellung und vermehrte Empfindlichkeit; dabei fiel endlich die ganz veränderte blauröthliche Färbung, die glänzende Beschaffenheit, die Starre und Eiseskälte der Haut auf. Aehnliche Veränderungen entwickelten sich fortschreitend auch an den Vorderarmen, sowie fleckweise an Oberarmen, Schultern und selbst im Gesichte. Das Allgemeinbefinden erlitt dabei verschiedenartige Störungen: die Kranke klagt über Kopf- und Rückenschmerzen, besonders über ein ,,stumpfes" Gefühl im Vorderkopfe, über Abnahme des Gedächtnisses, öfteren Schwindel, Schlaflosigkeit, Herzklopfen bei anstrengender Bewegung; der in dreiwöchentlichen Intervallen regelmässig eintretenden Periode sollen öfters stärkere, besonders im linken Arm ausstrahlende Schmerzen voraufgehen. Die Untersuchung der inneren Organe liess übrigens Abnormitäten und bemerkenswerthe functionelle Anomalien nicht erkennen. Die unzweifelhaft den Charakter der Sclerodermie tragende Hauterkrankung zeigte sich an beiden Händen und Vorderarmen diffus und in fast ganz symmetrischer Verbreitung (links vielleicht noch etwas stärker) entwickelt, die sämmtlichen Finger, Handrücken und Handteller, die Vorderarme an der Dorsal- und Volarseite bis ungefähr zur Grenze des oberen und mittleren Drittels hindurch ziemlich gleichmässig occupierend. Von da ab findet eine mehr fleckweise Ausbreitung statt, besonders an der Volarseite des obersten Vorderarmdrittels, Ellenbogen, innerer Seite des Oberarms, Acromie-Claviculargegend, und in leichtester, wahrscheinlich frischester Entwickelung auch in der seitlichen Halshaut und der Haut der Nasenwurzel- und mittleren Stirngegend, woselbst jedoch sowohl die straffere Beschaffenheit wie auch die veränderte Färbung (gelbbräunliche Pigmentirung) der Haut und der starre Gesichtsausdruck, die Erschwerung der Mimik schon merklich hervortreten. Die Haut an den diffus erkrankten Bezirken zeigt im Allgemeinen eine lederartig glatte, glänzende, braun- oder blaurothe Oberfläche, stellenweise (namentlich an der Beugeseite, der Hand und Finger) stärkere bräunliche Pigmentsprenkelung, und die charakteristischen Erscheinungen straffer Spannung, Härte und Unabhebbarkeit; die Finger erscheinen in leichter Flexion, dick, ungeschickt, und besonders die drei letzten von eisiger Kälte, während an anderen Stellen die Temperaturherabsetzung weniger ausgesprochen ist; auch zeigt auffälligerweise die Schweissproduction im Handteller keine Störung, erfolgt vielmehr ziemlich reichlich. Prüfungen der Hautsensibilität ergaben, wie ich dies auch in früher untersuchten Fällen stets gefunden habe, nur äusserst geringe objective Veränderungen (nur an den Endphalangen leichte Abnahme des Berührungs-, Wärme

1 Vgl.,,Ueber progressive Gesichtsatrophie und Sklerodermie", Zeitschrift für klin. Medicin. Band V, Heft. 4.

und Schmerzgefühls); dagegen klagte die Kranke über sehr lästige Gefühle von Brennen bei der warmen Zimmertemperatur und lebhafteren Schmerz in der Kälte; auch bestand für elektrische (galvanische) Hautreizung stellenweise eine ziemlich hochgradige Empfindlichkeit. Die Muskelfunctionen zeigten sich, soweit nicht die Verdickung und straffe Spannung der Haut besonders an Hand- und Fingergelenken ein mechanisches Hinderniss bildete, ebenso wie die Reizbarkeit der Nervenstämme und Mukeln, ganz unverändert. An der Haut des Rumpfes und der unteren Gliedmaassen waren noch keinerlei Zeichen beginnenden Sclerems zu constatiren.

Zur Messung der relativen Widerstandsminima an den einzelnen Hautstellen diente eine Batterie von 10 Zink-Kohle-Braunsteinelementen, der für grössere Stationärbatterien jetzt gebräuchlichen Art (mit dickem Papp-Diaphragma, Zinkstab und Thonzelle; elektromotorische Kraft der einzelnen Elemente 1,4; Widerstand 3 Ohm) und ein durch äusserst präcise Einstellung bei Fortfall aller störenden Eigenschwingungen ausgezeichnetes HIRSCHMANN'sches Horizontal-Galvanometer mit schwimmendem Anker.1 Die benutzten Elektroden waren biegsame Bleiplatten mit weicher (Torfmoos-) Füllung; als negative Elektrode diente eine grosse gestielte Bleiplatte von 200 qcm (10×20) Querschnitt, die am Rücken unter die Kleidung geschoben und genau anschmiegend erhalten wurde, während die positive Elektrode mit 50 (5 x 10) oder 100 (10 x 10) qem Querschnitt an den einzelnen Untersuchungsstellen localisirt wurde. Die Bestimmung der Widerstände erfolgte durch Substitution, mittelst zweier in den Stromkreis geschalteter MÜLLER'scher Rheostaten (von je 45 Contacten, mit Widerstandssummen von 6-85 000 Ohm). In einzelnen Fällen wurde zum Vergleiche auch die neuerdings von PASCHELES empfohlene Methode der Berechnung nach dem Gesetz der Zweigströme (bei abwechselnder Schaltung des Galvanometers in den Körperkreis und in den Kreis des Vergleichswiderstandes) herangezogen, wobei die Ergebnisse mit verhältnissmässig geringfügigen Differenzen (theilweise nur 20-30 Ohm) wesentlich übereinstimmend ausfielen. Von einer Bestimmung der absoluten Widerstandsminima, die auch versucht wurde, musste wegen der überaus grossen Empfindlichkeit für stärkere Batterieströme an den sklerematösen Hautstellen Abstand genommen werden.

Die folgende tabellarische Uebersicht enthält in Columne 1 und 2 die ermittelten relativen Widerstandsminima für symmetrische, sklerematöse und skleremfreie Hautstellen der rechten und linken Körperhälfte; in Columne 3 die correspondirenden, in genau übereinstimmender Weise ermittelten Widerstandswerthe einer gesunden weiblichen Controlperson von gleichem Alter und durchaus normaler Hautbeschaffenheit (linke Körperhälfte).

1 Vgl. die Beschreibung, Deutsche med. Wochenschrift. 1890 Nr. 30.

[ocr errors]

2 PASCHELES, Methode zur Bestimmung des elektrischen Leitungswiderstandes der Haut, Prager med. Wochenschrift. 1891 Nr. 36. Beiläufig befindet sich eine Vorrichtung der von PASCHELES beschriebenen Art, zur abwechselnden Galvanometerschaltung, in meiner (von HIRSCHMANN gelieferten) Stationärbatterie schon seit vielen Jahren, nur dass die Umschaltung dabei nicht durch Kurbelung, sondern durch Kapselung an einem mit den entsprechenden Bezeichnungen versehenen Schaltbretts stattfindet.

[merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][ocr errors][ocr errors][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small]

Aus dieser Tabelle ergiebt sich, dass bei der Patientin gerade an den diffus skleromatösen Hautbezirken (Handteller, Handrücken, Volarund Dorsalseite der beiden unteren Drittel des Vorderarms) die relativen Widerstands minima wesentlich höhere Zahlenwerthe erreichten als bei der gesunden Controlperson, während an den leicht und fleckweise erkrankten Stellen und an bisher verschonten Hautbezirken nur sehr viel geringere, unerhebliche Differenzen gefunden wurden und stellenweise sogar die noch unversehrte Haut der Skleremkranken etwas geringeren Leitungswiderstand darbot (Aussenseite des rechten Oberarms; Sternalgegend). Ohne an diesen Befund allgemeine Folgerungen knüpfen zu wollen, möchte ich es doch hiernach als nicht unwahrscheinlich ansehen, dass bei diffus auftretender typischer Sklerodermie an den betreffenden Hautstellen das relative Widerstandsminimum erhöht ist, wofür die Ursache wohl in der physikalischen Beschaffenheit des krankhaft veränderten Intoguments zu suchen sein dürfte. Wenn wir bedenken, dass es sich beim Sklerem jedenfalls um eine diffuse Bindegewebserkrankung der Haut mit mehr oder weniger intensiver Betheiligung der übrigen Gewebsbestandtheile, die vielleicht auf einer schweren Circulationsbehinderung (Lymphostase) beruht, handelt, so sind hierin wohl genügende Erklärungsmomente für eine beträchtliche Steigerung des Hautwiderstandes, oder vielmehr für die abnorm verminderte Widerstandsabnahme, in den sklerodermischen Bezirken gegeben. Beachtenswerth erscheint auch die Thatsache, dass die Steigerung des Hautwiderstandes (oder die mangelhafte Widerstandsabnahme) an den Handtellern trotz der reichlichen Schweisssecretion daselbst am ausgesprochensten war; dies steht in auffälligem Widerspruch mit der beliebten Annahme, dass die bei BASEDOW'scher Krankheit beobachtete Widerstandsverminderung wesentlich auf der Durchfeuchtung der Haut in Folge profuser Schweisssecretion solcher Kranken beruhe.

2. Ueber das Graefe'sche Symptom bei Morbus Basedowii.

Von Dr. L. Bruns, Nervenarzt in Hannover.

In der letzten Sitzung des Vereines der Irrenärzte Niedersachsens und Westphalens habe ich bei Gelegenheit der Demonstration einer Photographie eines ausgeprägten Falles von Morbus BASEDOWII, bei welchem es meinem Collegen VON SEHLEN gelungen war, das GRAEFE'sche Symptom - Zurückbleiben des oberen Lides bei Senkung der Blickebene photographisch zu fixiren, die Ansicht ausgesprochen, dass die Angaben der meisten Lehrbücher und Monographien über das fragliche Symptom nach meiner Erfahrung nicht correcte seien. Die Lehrbücher und Monographien sprachen nämlich alle von mangelhafter Coordination der Bulbus- und Lidbewegungen beim Heben und Senken des Blickes oder sie erklären ganz allgemein, dass die Coordination der Lid- und Bulbusbewegungen gestört sei: nur in dem grossen Handbuche der Angenheilkunde von GRAEFE-SAEMISCH finde ich die Angabe, dass diese Incoordination besonders bei Blickrichtung nach unten beobachtet würde. Dagegen hatte ich in einzelnen Fällen von Morbus BASEDOWII mit GRAEFE'schem Symptom die Erfahrung gemacht, dass beim Heben der Blickebene das obere Lid vollständig - vielleicht sogar in etwas übermässiger Weise die Hebung des Bulbus begleitete und dass nur bei Blickrichtung nach unten ein mehr oder weniger starkes Zurückbleiben. des Lides im Verhältniss zum Bulbus zu constatiren war. Ich erwähnte noch besonders, dass in dem von mir demonstrirten Falle, wie das Photogramm Nr. 1 zeigte, schon bei horizontaler Blickrichtung das obere Lid soweit nach oben stand, dass bei weiterer Hebung des Bulbus nur noch eine sehr geringe Hebung des Lides möglich war. Ich hatte nur die Absicht, die Collegen auf diese meine Beobachtung aufmerksam zu machen, da die Zahl der von mir beobachteten Basedowfälle- spec. mit GRAEFE'schem Symptom viel zu klein war, als dass ich hätte behaupten können, dass die von mir beobachtete Einschränkung des GRAEFE'schen Symptomes auf die Blicksenkung in allen Fällen zuträfe.

Zu meiner Freude hat nun MOEBIUS in seiner neuesten ausführlichen Abhandlung über Morbus BASEDOWII 2 im Ganzen sich dieser meiner Ansicht angeschlossen, zugleich aber, was mir besonders werthvoll erscheint, eine Erklärung für das in dieser Weise etwas schärfer gefasste GRAEFE'sche Symptom gegeben, die, wenn sie, woran nach meiner Ansicht kein Zweifel, stimmt, den Beweis liefert, dass eine eigentliche Incoordination zwischen Bulbus- und Lidhebung bei Morbus BASEDOWII gar nicht bestehen, sondern dass dieselbe nur bei Senkung des Bulbus in Erscheinung treten kann. MOEBIUS sagt 1. c.: „,,STELLWAG'S Zeichen besteht darin, dass die Lidspalte ungewöhnlich gross ist und dass der Lidschlag

1 Neurolog. Centralbl. 1891. S. 348.

2 Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde. Bd. I. S. 401.

« PrécédentContinuer »